aus: taz vom 28.2.

Prozess in Hamburg nach G20-Protesten

Angriff auf die Versammlungsfreiheit

Der G20-Prozess gegen Fabio V. zeigt, wie ein Grundrecht angegriffen wird. Das haben auch ein Doktorand und ein Student erfahren.

Demonstranten beim G20-Protest

Sippenhaft für Demonstranten, nur weil einige randalieren? Foto: dpa

Stefan Buchen, Philipp Hennig

HAMBURG taz | Auf die Frage, wann Demonstranten zu Straftätern werden, haben Polizei und Justiz in Hamburg eine einmütige Antwort: Auch wer gewaltfrei an einem Protestmarsch teilnimmt, kann sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schnell verwirken. Es genügt demnach schon, an einem Protestmarsch teilzunehmen, aus dem heraus einige wenige Personen Gegenstände werfen. Dann hat man die Gewalttäter durch seine bloße Anwesenheit „unterstützt“ und macht sich des schweren Landfriedensbruchs schuldig. Strafmaß: bis zu zehn Jahre Haft. Eine solche „Anwesenheit“ liegt auch gegen den Italiener Fabio V. vor.

Beweise für darüber hinaus gehende Straftaten des 19-Jährigen konnte die Hamburger Staatsanwaltschaft in dem Prozess, der fast schon ein halbes Jahr dauert, nicht liefern. Gewiss ist nur, dass der Angeklagte sich am frühen Morgen des 7. Juli 2017 einer Gruppe Demonstranten anschloss, die gegen die Politik der G20-Staaten protestieren wollten. Die Staatsanwaltschaft unterstellt der Gruppe einen „gemeinsamen Willen zur Gewalt“. Den könne man daran erkennen, dass die Teilnehmer überwiegend dunkel gekleidet und viele von ihnen „vermummt“ gewesen seien. Fabio trug beige Hose und ein schwarz-weißes Palästinensertuch.

Auf dem Weg in die Innenstadt, in der Straße „Rondenbarg“, wurde die etwa 200 Personen starke Gruppe von der Polizei gewaltsam aufgelöst. Einige im vorderen Bereich marschierende Demonstranten schleuderten Steine und Rauchtöpfe in Richtung der herannahenden Beamten, ohne diese zu treffen. Die Staatsanwaltschaft zählte 14 Steine und 4 „pyrotechnische Gegenstände“. Wer geworfen hat, ist unklar. Dass der Angeklagte Fabio V. Gewalt ausübte, ist äußerst unwahrscheinlich, weil er im hinteren Teil des Protestmarsches unterwegs war. Das Urteil sollte eigentlich heute (Dienstag) gesprochen werden. Aber dazu kommt es nicht, weil sich die vorsitzende Amtsrichterin krank gemeldet hat. Sie ist hochschwanger. Ob der Prozess vor einem anderen Richter neu aufgerollt wird, ist unklar.

„aus: taz vom 28.2.“ weiterlesen

aus: NDR 27.2.

G20: Angriff auf die Versammlungsfreiheit?

von Stefan Buchen und Philipp Hennig
Szene aus Polizei-Video vom Rondenbarg © NDR Fotograf: Screenshot
Können alle Demonstranten dafür belangt werden, wenn aus einem Protestzug heraus Gewalttaten verübt werden?

Auf die Frage, wann Demonstranten zu Straftätern werden, haben Polizei und Justiz in Hamburg eine einmütige Antwort: Auch wer gewaltfrei an einem Protestmarsch teilnimmt, kann sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schnell verwirken,  wenn die gesamte Kundgebung zum Zweck der Gewalt stattfindet. Es genügt demnach schon, an einem Protestmarsch teilzunehmen, aus dem heraus einige wenige Personen Gegenstände in Richtung herannahender Polizisten werfen. Dann hat man die Gewalttäter durch seine bloße Anwesenheit „unterstützt“ und macht sich des schweren Landfriedensbruchs schuldig – Strafmaß: bis zu zehn Jahre Haft.

Prozess gegen Fabio V.

Eine solche „Anwesenheit“ wird auch dem Italiener Fabio V. vorgeworfen. Beweise für darüber hinaus gehende Straftaten des 19-Jährigen konnte die Hamburger Staatsanwaltschaft in dem Prozess, der schon mehr als vier Monate andauert, nicht liefern. Gewiss ist nur, dass der Angeklagte sich am frühen Morgen des 7. Juli 2017 einer Gruppe Demonstranten anschloss, die erklärtermaßengegen die Politik der G20-Staaten protestieren wollten.

„aus: NDR 27.2.“ weiterlesen

aus: junge Welt 28.02.

Prozess-GAU in Hamburg

Gerichtsverhandlung geplatzt: Angeklagter G-20-Gegner Fabio V. bangt um berufliche Zukunft, wenn Verfahren neu aufgerollt werden muss.

Von Kristian Stemmler
G20_Prozesse_54836467.jpg

Prozesswelle nach dem G-20-Gipfel: Aktivisten im September vor dem Strafjustizgebäude in Hamburg

Im Hamburger Verfahren gegen den italienischen G-20-Gegner Fabio V. (19) herrscht an Absurditäten kein Mangel. Jetzt ist es um eine skurrile Wendung reicher. Wegen der Schwangerschaft der Vorsitzenden Richterin ist der Prozess vor dem Amtsgericht Altona vermutlich geplatzt. Der Verhandlungstermin am Dienstag wurde wegen einer Erkrankung der Richterin abgesagt, ihr Mutterschutz beginnt Mitte März. »Es ist nicht zu erwarten, dass die Sache in zwei Wochen zu Ende geführt werden kann«, sagte die Anwältin des Aktivisten, Gabriele Heinecke, am Dienstag gegenüber junge Welt.

Das bedeute aller Voraussicht nach, so Heinecke, dass der gesamte, Mitte Oktober 2017 begonnene Prozess neu aufgerollt werden müsse, also in einigen Monaten von vorn beginne. Das »Mündlichkeitsprinzip« im Strafprozess gebiete es, dass sämtliche Zeugen erneut gehört werden. »Für Fabio ist das eine Katastrophe«, sagte die Rechtsanwältin. Weil er für das Verfahren in Hamburg sein musste, habe er seine Arbeit in Italien verloren. Wenn er zur Neuauflage erneut an die Elbe kommen müsse, werde er den nächsten Job vermutlich auch verlieren.

Am Dienstag habe die Verteidigung weitere Anträge stellen wollen: »Wir hatten ja gerade erst angefangen«, so Heinecke. Es sei noch viel zu klären, etwa die Frage, ob der Einsatz der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) »Blumberg« am 7. Juli 2017 im Hamburger Industriegebiet Rondenbarg, bei dem Fabio V. festgenommen wurde, überhaupt rechtmäßig war. Die für überhartes Vorgehen gegen Demonstranten bekannte Brandenburger Einheit hatte am ersten Tag des G-20-Gipfels einen Zug von rund 200 Aktivisten gestoppt und brutal zerschlagen.

„aus: junge Welt 28.02.“ weiterlesen

GEMEINSAM GRUNDRECHTE VERTEIDIGEN!

EINLADUNG ZUM BÜNDNISTREFFEN

ZUR VORBEREITUNG BUNDESWEITER AKTIONEN UND DEMONSTRATIONEN IM JUNI/JULI 2018

am 4. März von 11 – 17 Uhr in Frankfurt/Main

(im Haus Gallus, Frankenallee 111, s-Bahn Galluswarte, eine Station nach HBF)

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

„Demonstrationsrecht verteidigen“ – unter diesem Motto kamen im Oktober 2017 in Düsseldorf über 100 Aktive aus sozialen Bewegungen und Migrant/innen-Organisationen, Fachleute aus politischen Vereinen und Bürgerrechtsorganisationen, Gewerkschaften und politischen Verbänden zu einer Tagung zusammen, um über den aktuellen Abbau verfassungsmäßiger Grundrechte zu diskutieren und mögliche Schritte der Gegenwehr zu beraten. Schon vorher hatten über 700 Menschen einen Aufruf zum „Widerstand gegen den Abbau unserer demokratischen Grundrechte“ unterzeichnet (http://demonstrationsrecht-verteidigen.de/erklaerung/).

„GEMEINSAM GRUNDRECHTE VERTEIDIGEN!“ weiterlesen

Schluss mit Repression: G20-GegnerInnen sind nicht kriminell!

Am Mittwoch den 05.12.2017 kam es bundesweit zu mehreren Hausdurchsuchungen gegen Linke, die Polizei sprach selbst von einer „Großrazzia“. Auch Gewerkschaftsjugendliche sind betroffen.

Wir rufen zu Aktionen in verschiedenen Städten auf:

09.12.: 16 Uhr #Göttingen, Platz der Synagoge
09.12.: 14 Uhr #Bonn, Friedensplatz/Ecke Sternstraße

https://www.facebook.com/events/137023603664749

[vergangene]
06.12.: 19 Uhr #Berlin, Kottbusser Tor
05.12.: 18 Uhr #Kiel, Hauptbahnhof
05.12.: 18 Uhr #Stuttgart, Rotebühlplatz
05.12.: 19 Uhr #München, St. Pauls Platz (Theresienwiese)
05.12.: 20 Uhr #Hamburg, Grüner Jäger

„Schluss mit Repression: G20-GegnerInnen sind nicht kriminell!“ weiterlesen

Kongressergebnisse zusammengefasst 

„Widerstand gegen den Abbau unserer demokratischen Grundrechte!“

Auszug aus der Pressekonferenz

Samstag 7.10. 17:20 Uhr, VHS Düsseldorf, Kongress „Demonstrationsrecht verteidigen! Vollständiges Video hier, mit Dank an r-mediabase!

Bundesweiter Grundrechte-Kongress

Samstag, 7. Oktober, 11 – 18 Uhr
Volkshochschule Düsseldorf
Bertha-von-Suttner-Platz 1
(direkt am Hauptbahnhof)

11:00 Uhr Kabarett »Mein Einsatzleiter«
11:35 Uhr Auftaktpodium mit Experten (s.u.)
13:45 Uhr Panels Pol. Gefangene / Demorecht / Pressefreiheit
15:20 Uhr Plenardebatte
17:20 Uhr Pressekonferenz mit Experten (s.u.) & Betroffenen

Eintritt frei | für Essen u. Trinken ist gesorgt | Bitte Spenden! | mehr Infos

Erklärung: Demonstrationsrecht verteidigen!

Demonstrationsrecht verteidigen!

Aufruf zum Widerstand gegen den Abbau unserer demokratischen Grundrechte

Von den USA bis zur Türkei, von Frankreich bis Ungarn rücken Regierungen nach rechts, heben durch die Verfassung gesicherte demokratische Grundrechte auf, verbieten und unterdrücken Proteste und Streiks und gehen den Weg in einen Polizeistaat. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland liegt in diesem Trend: In den letzten zwei Jahren hat auch sie demokratische Grundrechte von Millionen hier lebenden Migrant*innen massiv beschnitten, insbesondere 2016 im Zuge des „Asylpaket II“; mit verfassungswidrigen Methoden hat sie viele Migrantenorganisationen verfolgt und kriminalisiert, beispielsweise kurdische und türkische Frauen-, Studenten- und Arbeiterorganisationen wie NAV-DEM, ATIK und YXK.

Seit den jüngsten Gesetzesänderungen durch die Bundesregierung (u.a. §§113, 114 StGB sowie Massen-Überwachung von WhatsApp/facebook), der Initiative zur Einschränkung des Streikrechts („Tarifeinheit“) und den schweren Grundrechtsverletzungen gegen Demonstrant*innen, Sanitäter*innen, Rechtsanwält*innen und Journalist*innen beim G20-Gipfel in Hamburg im Juli 2017 ist es offensichtlich: Nach den Repressionen gegen Flüchtlinge und Migrantenorganisationen werden der gesamten sozialen Bewegung und der ganzen Bevölkerung der Bundesrepublik grundlegende demokratische Rechte genommen – insbesondere das Recht auf Versammlungsfreiheit.  „Erklärung: Demonstrationsrecht verteidigen!“ weiterlesen